Rentner müssen jeden Cent doppelt umdrehen


Hohe Preise für Energie und Lebensmittel fressen immer mehr kleine Renten auf: Ein alleinlebender Rentner mit weniger als 900 Euro muss inzwischen rund 52 Euro monatlich mehr ausgeben als vor einem Jahr. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung sind Kleinrentner und Kleinrentnerinnen besonders betroffen von der Inflation: 13 Euro zusätzlich für Nahrungsmittel und 39 Euro mehr für Energie müssen im Monat aufgebracht werden. Da drehen viele Rentnerinnen und Rentner in ihrer Not jeden Cent doppelt um, obwohl die Rente im Juli um 6,12 Prozent steigt.

Allein die Energiepreise sind im April gegenüber dem Vorjahresmonat um 35 Prozent geklettert, die Preise für Nahrungsmittel stiegen um 8,6 Prozent. Kein Wunder, dass 42 Prozent der Senioren beim Strom sparen, 34 Prozent aller Haushalte auf Kleidung und jeder Fünfte auf die Urlaubsreise verzichten wollen oder müssen. Nach einer aktuellen Civey-Umfrage für das Focus-Magazin greifen heute 42 Prozent der Menschen bei Lebensmitteln regelmäßig zu Sonderangeboten.

Angesichts der hohen Belastung der Kleinrentner wächst das Unverständnis bei Senioren, Sozialverbänden und Wirtschaftsinstituten, dass Rentner ohne zusätzliches sozialversicherungspflichtiges Einkommen bei der geplanten Energiepreispauschale von 300 Euro leer ausgehen. Der Druck auf die Bundesregierung wächst, das Hilfspaket für Geringverdiener, Alleinerziehende und Kleinrentner nachzubessern. Nicht nur die Caritas mahnt, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger, die ihre explodierende Stromrechnung nicht bezahlen können, in die Schuldnerberatungsstellen strömen.

Sozialverbände empfehlen Seniorinnen und Senioren mit weniger als 865 Euro Rente im Monat, beim Sozialamt zur Aufstockung Grundsicherung zu beantragen. Das Problem: Von einer Million Anspruchsberechtigten haben bislang nur 566 000 Grundsicherung beantragt. Viele Kleinrentner schämen sich offenbar völlig grundlos, beim Sozialamt vorstellig zu werden. Hier sollte der Staat mit einer breiten Informationskampagne die Berührungsängste nehmen.

Wilfried Goebels

 

 

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